Elektromyostimulation (EMS) bei kardiologischen Patienten.

Wird das EMS-Training bedeutsam für die Sekundärprävention?

(FRITZSCHE, D. / FRUEND, A. / SCHENK, S. / MELLWIG, K.-P. / KLEINÖDER, H. / GUMMERT, J. / HORSTKOTTE, D., Herzklinik Bad Oeynhausen, Herz 2010; 35 (1): 34–40)

Untersuchungsziel

Die Vorstellung, dass moderates Ausdauertraining im Rahmen der Sekundärprävention die Prognose der chronischen Herzinsuffizienz (CHI) verbessert, wurde inzwischen hinreichend validiert. In der klinischen Routine bleiben jedoch erfahrungsgemäß nur wenige, gut geführte, hoch motivierte und zumeist jüngere Patienten einer dauerhaften sportlichen Begleittherapie zugänglich. Die eigenen Erfahrungen mit Ganzkörper-Elektromyostimulation (EMS) an herzinsuffizienten Patienten zeigen ein bislang nicht erahntes Potential bei der Regeneration neurohumoraler, inflammatorischer und skelettmuskulärer Krankheitssymptome im Rahmen der Systemerkrankung CHI. Vor diesem Hintergrund wurden in einer prospektiven Pilotstudie Wirkung und Akzeptanz der Ganzkörper-EMS bei Herzinsuffizienz-Patienten untersucht.

Methodik

15 Patienten mit gesicherter Diagnose CHI absolvierten ein 6-monatiges Trainingsprogramm (Ganzkörper-EMS) mit einem Miha-Bodytec-Gerät. Als Stimulationsparameter wurden 80 Hz und 300 μs bei 4 s Impuls und 4 s Pause für 20 min Dauer definiert, gefolgt von einem Cool-Down im 100-Hz-Bereich. Die Amplitude (mA) wurde von den Patienten selbst gewählt, so dass die subjektive Empfindung „Muskelkontraktion/Stromempfinden“ auf die Stufe 8 einer zehnstufigen Skala eingestellt wurde. Vorgabe waren 40–70 Wiederholungen im Hauptteil, mit Übungen in isometrischen Haltepositionen und dynamischen Bewegungsausführungen.
Untersucht wurden in Eingangstest und nach jeweils 3 und 6 Monaten Training die kardiale Leistungsfähigkeit mittels Spiroergometrie, Elektrokardiographie (EKG) und Echo; der metabolische Status inklusive Kreatinkinase (CK) und Laktatdehydrogenase (LDH); außerdem wurden Gewicht und Körperfettverteilung bestimmt (Impedanzwaage).

Ergebnisse

Eine bis zu 96%ige Steigerung der Sauerstoffaufnahme an der anaeroben Schwelle konnte nachgewiesen werden (VO2at 19,39 [± 5,3] ml/kg Körpergewicht [KG] vor Trainingsbeginn; VO2at 24,25 [±6,34] ml/kg KG am Ende der Trainingsphase; p < 0,05). Der diastolische Blutdruck sank signifikant (psyst < 0,05; pdiast < 0,001), der Muskelzuwachs betrug bis 14 % bei Gewichtskonstanz. Die Trainingsmethode wurde zu 100 % akzeptiert (keine Abbrecher), die Patienten gaben eine deutlich gesteigerte subjektive Leistungsfähigkeit an.

Fazit

Die Untersuchung zeigt erstmalig die Wirkung von EMS-Training bei herzinsuffizienten Patienten. Die Verbesserungen hinsichtlich der objektiven Leistungsfähigkeit sowie der Optimierung muskelphysiologischer und metabolischer Parameter übersteigen die Ergebnisse nach herkömmlichen aeroben Trainingsformen im Rahmen der primären und sekundären kardiologischen Rehabilitation bei Patienten mit CHI bei Weitem. Die gewählte Trainingsform birgt ein hohes Potential in der Therapie von Patienten mit Herzinsuffizienz.